Fairer wettbewerb und reduzierung von liefer-abhängigkeiten in der europäischen union

von Kau Rechtsanwälte



Unfairer Wettbewerb, die Covid Pandemie, kriegerische Auseinandersetzungen und die Abhängigkeit der europäischen Wirtschaft von Zulieferungen wichtiger Güter aus autoritären oder politisch nicht zuverlässigen Staaten haben die EU und europäische Staaten dazu veranlasst, Lieferketten zu untersuchen und aufzuklären, insbesondere im Hinblick darauf, die Lieferung von Gütern die unter Verletzung von international anerkannten sozialen und ökologischen Standards hergestellt wurden zu unterbinden, da diese wettbewerbsverzerrend sind, und die Abhängigkeit von wichtigen nur im Ausland erhältlichen Gütern zu reduzieren. In Deutschland wurde dazu u.a. das

Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz

und in der EU die

Corporate Sustainability Reporting Directive – EU-Richtlinie 2022/2464 (CSRD) erlassen.

 

Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz

Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz («LkSG») – auch als Lieferkettengesetz bekannt – ist am 1. Januar 2023 in Kraft getreten. Es verpflichtete zunächst seit 1.1.2023 in Deutschland ansässige Unternehmen sowie Unternehmen mit einer Zweigniederlassung in Deutschland (vgl. § 13d Handelsgesetzbuch (HGB)), die mehr als 3.000 Mitarbeitende beschäftigen, ihre Prozesse entlang der gesamten Lieferkette zu verbessern und zu dokumentieren. Ab dem 1. Januar 2024 gelten die Pflichten für Unternehmen mit 1.000 oder mehr Mitarbeitenden.

Die EU plant in 2024 eine noch strengere Lieferketten-Richtline zu erlassen, die über die Maßnahmen des deutschen Lieferkettengesetzes hinausgeht. Über alle Sektoren hinweg sollen ihm unterliegen:

  • Unternehmen mit Sitz in der EU, die mehr als 250 Angestellte und mehr als 40 Millionen Euro Jahresumsatz weltweit haben;
  • Unternehmen mit Sitz außerhalb der EU sollen sich an die neuen Regelungen halten müssen, wenn sie mehr als 150 Millionen Euro umsetzen und mindestens 40 Millionen Euro davon in der EU.

Sobald die EU-Richtlinie in Kraft tritt, bedarf es einer Anpassung des deutschen Lieferkettengesetzes an die strengeren Vorgaben der EU-Richtlinie.

In mehreren Staaten gibt es bereits ähnliche Gesetze, wie z.B. in Frankreich und der Schweiz. Bei Niederlassungen in anderen Staaten sollte daher die dortige Rechtslage zu Lieferketten geprüft werden.

Schutz der Umwelt und Menschenrechte

Ziel des LkSG ist es, weltweit die Einhaltung grundlegender Menschenrecht- und Umweltstandards in globalen Lieferketten durchzusetzen. Hierzu zählen beispielsweise:

  • Die Unversehrtheit von Leben und Gesundheit
  • Der Schutz vor Sklaverei, Zwangs- und Kinderarbeit
  • Gerechte Arbeitsbedingungen und Entlohnung
  • Umweltbezogene Pflichten zum Schutz der menschlichen Gesundheit
  • Umweltschutz

Sorgfaltspflichten der Unternehmen

Für die Durchsetzung werden die Unternehmen in die Verantwortung genommen:

  • Sie sollen Transparenz in ihrer Lieferkette gewährleisten.
  • Sie sind dafür verantwortlich, dass die Zulieferer entlang ihrer Lieferkette sich an grundlegende Menschenrechts- und Umweltstandards halten – vom Rohstoff über den Fertigungsprozess bis hin zum fertigen Produkt.
  • Ihre Sorgfaltspflicht im Hinblick auf die sozialen und ökologischen Risiken weitet sich mit dem Lieferkettengesetz auf alle Vorlieferanten aus.
  • Es drohen Bussen bis zu 8 Mio. EUR oder 2% des weltweiten Umsatzes.

Die Einhaltung der Vorschriften wird vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) überprüft. Bei Versäumnissen oder Verstößen gegen ihre Sorgfalts- und Dokumentationspflicht, riskieren Unternehmen eine Bußgeldzahlung oder den Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen.

Erforderliche Maßnahmen nach dem Lieferkettengesetz

  • Rechtliche Anforderungen für das eigene Unternehmen prüfen
  • Verabschiedung einer Grundsatzerklärung über die Menschenrechts- und Umweltstrategie des Unternehmens
  • Festlegung von Verantwortlichkeiten innerhalb des Unternehmens
  • Transparenz und Beteiligte in der Lieferkette identifizieren und analysieren
  • Ermittlung der Arbeits- und Umweltbedingungen bei den Zulieferern und der Herkunft von Rohstoffen und Gütern
  • Einen möglichst effizienten Informationsaustausch mit den Partnern einrichten, beispielsweise über eine zentrale Plattform
  • Ermittlung von Risiken und Einführung eines Lieferketten-Risikomanagements mit geeigneten Verfahren zur Risikoanalyse (z. B. Lieferantenaudits oder Abgleich mit externen Datenquellen)
  • Ableitung wirksamer Maßnahmen, um Verstöße gegen Menschenrechte zu vermeiden, zu minimieren und zu beheben, ggfls. Wechsel der Zulieferer
  • Einrichtung eines Beschwerdemanagements
  • Berichtserstellung mit Erfolgsmessung definieren und Bericht gemäß den Anforderungen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der EU anfertigen
  • IT-Systeme zur Unterstützung der Anforderungen prüfen, evaluieren und bei Bedarf neu einführen.

CSRD für Liefer- und Wertschöpfungsketten

Die Corporate Sustainability Reporting Richtline der EU 2022/2464  (CSRD) trat ebenfalls am 1.1.2023 in Kraft und gilt in 2023 für Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitenden, in 2024 für Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitenden, in 2025 für Unternehmen ab 500 Mitarbeitenden und EUR 150 Mio. Umsatz sowie ab 2027 für Unternehmen ab 250 Mitarbeitenden und EUR 40 Mio. Umsatz. Die CSRD weitet die Pflicht zur Berichterstattung über Risiken und Chancen sowie über ökologische und soziale Auswirkungen in Liefer- und Wertschöpfungsketten erheblich aus. Die Angaben sollen die Produkte und Dienstleistungen, Geschäftsbeziehungen und Lieferkette der Unternehmen umfassen. Detaillierte Anforderungen werden in den Berichtsstandards geregelt. Die CSRD verpflichtet also wesentlich mehr Unternehmen zur Berichterstattung über ihre Lieferketten und damit zur Prüfung ihrer Lieferketten auf Einhaltung der Menschenrechts- und Umweltstandards.

Die Regelungen der CSRD und ihrer Berichtsstandards spielen zudem eine wichtige Rolle für die geplante EU-Richtlinie zu unternehmerischen Sorgfaltspflichten (sog. „EU-Lieferkettengesetz“, „Corporate Sustainability Due Diligence Directive“ (CSDDD). Nach dem Vorschlag der Europäischen Kommission vom 23.02.2022 sollen für Unternehmen, die beiden Richtlinien unterliegen, die Berichtspflichten aus der CSDDD über die CSRD abgegolten sein.

Die CSRD schreibt umweltbezogene Sorgfaltspflichten vor, damit Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten künftig verhindert werden.

Die Unternehmen müssen eine Reihe von Compliance- und Risikomanagement-Standards einhalten und darüber hinaus nachweisen, dass die Menschenrechte in ihrer gesamten Produktionskette, einschließlich der Zulieferer im Ausland, ohne Einschränkungen geachtet werden.

Die wesentlichen Maßnahmen sind:

  • die Einführung eines internen Risikomanagementsystems,
  • die Durchführung von Risikoanalysen und
  • die Ergreifung von Präventiv- und möglichen Korrekturmaßnahmen, auch im Produktionsprozess der unmittelbaren und mittelbaren Zulieferer.

Die Unternehmen müssen Jahresberichte über die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen vorlegen, die der Öffentlichkeit für einen Zeitraum von mindestens sieben Jahren auf der Website des Unternehmens frei zugänglich zu machen sind.. Ferner müssen die Unternehmen nachweisen, dass sie über angemessene interne Beschwerdeverfahren verfügen und die Öffentlichkeit über die möglichen negativen Auswirkungen ihrer Tätigkeit auf die Menschenrechte informieren.

Um Menschenrechtsverstöße zu verhindern, werden den Unternehmen Handlungspflichten auferlegt. Das bedeutet, dass unangemessene oder illegale Praktiken korrigiert werden sollen. Dies kann bis zum Abbruch der Geschäftsbeziehungen mit Unternehmen führen, die die erforderlichen Standards nicht erfüllen. Der Schwerpunkt der Compliance-Pflichten liegt auf der Bekämpfung der folgenden illegalen Praktiken:

  • Kinderarbeit;
  • Sklavenähnliche Arbeit;
  • Nichteinhaltung von Arbeitsgesetzen;
  • Missachtung der Versammlungsfreiheit;
  • Diskriminierung, einschließlich Ungleichbehandlung aufgrund von Rasse, Geschlecht, Nationalität, sozialer Herkunft, Alter, Gesundheit oder religiöser Überzeugung; und
  • Verletzung von Umweltauflagen.

Konsequenzen der Missachtung der CSRD-Pflichten

Zusätzlich zu Bussen  und Ausschluss von öffentlichen Aufträgen nach dem LkSG drohen Unternehmen, die ihre Pflichten nach dem CSRD nicht einhalten, Klagen von Aktionären und Wettbewerbern, Entzug oder Verwehrung von Krediten und börslichen Kapitalmaßnahmen.

Unlauterer Wettbewerb

Ausländische Unternehmen, die unter Missachtung von internationalen Menschenrechts- und Umweltstandards Waren herstellen und verkaufen, sind oft in der Lage ihre Waren aufgrund der dadurch erzielten Einsparungen wesentlich billiger in der EU anzubieten. Darin kann u.U. ein Verstoß gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) liegen. Wenn das der Fall ist, können u.a. Importverbote, Verkaufsverbote, Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden.

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